Ernährung und Arzneimittel

Ernährung und Arzneimittel

Ganz egal ob jung oder alt. Jeder hat schon mal Medikamente eingenommen, ob es nun eine Aspirin bei Bedarf  gegen die Kopfschmerzen ist, oder ob man täglich seine Medikamente gegen den zu hohen Blutdruck einnimmt. Haben Sie aber schon mal darüber nachgedacht, dass die zugeführte Nahrung einen großen Einfluss auf die Aufnahme des Arzneimittels hat ?

Dass die Nahrung einen Effekt auf die Aufnahme und Wirksamkeit dieser Medikamente auslöst, steht außer Frage. Dies ist zum einen abhängig von der Menge und der Zusammensetzung der Nahrung, zum anderen von der Darreichungsform, der chemischen Struktur und der Dosis des Arzneimittels. Ein große Rolle spielt auch der zeitliche Abstand zwischen Nahrungszufuhr und Einnahme des Arzneimittels. In diesem Artikel möchte ich kurz die wesentlichen Punkte beleuchten, die zu einer veränderten Aufnahme des Arzneimittels führen. 

Ein erster wesentlicher Punkt, der die Aufnahme von Arzneimitteln beeinträchtigt, ist der pH Wert Anstieg im Magen durch die zugeführte Nahrung. Dieser steigt infolge auf 3-6 an und hat daher erheblichen Einfluss auf die Aufnahme von magensaftresistenten Darreichungsformen. Hierbei ist das Arzneimittel mit einer Schicht überzogen, damit sich das AM nicht im Magen, sondern erst im Dünndarm auflöst, aufgenommen wird und von dort über die Blutbahn zum Wirkort gelangt. Bei Einnahme solcher Darreichungsformen nach dem Essen kann sich die Magenpassage erheblich verzögern, schlimmer noch, der magensaftresistente Überzug kann sich zu früh auflösen und die Magenschleimhäute reizen. Daher ist auch die gängige Empfehlung magensaftresistente Darreichungsformen  1-2 Stunden vor der Mahlzeit oder auf nüchternen Magen einzunehmen. 

Die Arzneimittelaufnahme über den Darm  kann auch in Folge einer Komplexbildung teilweise oder ganz gestört sein. Beispiele hierfür gibt es in der Pharmazie ausreichend. Hierzu zählen die gleichzeitige Einnahme einiger Antibiotika (z.B. Tetrazykline oder Gyrasehemmer) und Milchprodukten. Das zweiwertige Kation Calcium aus der Milch bildet nämlich einen schwerlöslichen Komplex mit Teilen des Antibiotikums, sodass es im schlimmsten Fall zu einem Therapieversagen kommt. Daher ist auch die gängige Empfehlung bei diesen Arten von Antibiotika einen Abstand von mindestens zwei Stunden einzuhalten, damit der Therapierfolg nicht gefährdet ist.  

Schilddrüsenhormone sollten generell morgens auf nüchternen Magen eingenommen werden. Die gleichzeitige Einnahme von Calcium, bspw. in der Kaffeemilch beeinträchtigt ebenfalls die Aufnahme über den Darm, was natürlich im Falle der Schilddrüsenhormone weitreichende Folgen für das ganze Allgemeinbefinden hat, da diese die Stoffwechselaktivität der Zelle aktivieren.  

Nicht nur auf die Aufnahme, sondern auch auf die Ausscheidung eines Arzneimittels hat die Nahrungsaufnahme einen erheblichen Einfluss. Eiweißreiche Kost kann den Urin ansäuern, wodurch basische Arzneimittel verstärkt ausgeschieden werden, da sie in ihre wasserlösliche Salzform überführt werden. Ähnlich verhält es sich umgekehrt. Zitrusfrüchte können den Harn alkalisieren, also in den basischen pH Bereich überführen, wodurch saure Arzneimittel wie Ibuprofen oder Aspirin schneller ausgeschieden werden. 

Arzneimittel unterliegen einer sogenannten Biotransformation. Hier werden Arzneimittel in zwei aufeinanderfolgenden Phasen zunächst chemisch umgewandelt und schließlich in die wasserlösliche Form überführt, um dann über die Niere oder die Galle ausgeschieden zu werden. 

Eine Familie von mikrosomalen Enzymen spielt bei der Verstoffwechslung von Arzneimittel eine tragende Rolle. Es handelt sich um Cytochrome-P450-Enzyme. Viele dieser Enzyme übernehmen wichtige physiologische Funktionen im Stoffwechsel der Steroide oder Vitamine. Im Stoffwechsel der Arzneimittel spielen vor allem drei Unterfamilien (CYP1, CYP2, CYP3) eine tragende Rolle. Diese CYP-Enzyme sitzen hauptsächlich in der Leber, sind aber auch im Darm und in den Nieren vorzufinden. Ein Isoenzym namens CYP3A4 verstoffwechselt rund die Hälfte aller Arzneimittel, wobei es auch hier zu Wechselwirkungen kommen kann. 

Diese Enzyme, allen voran CYP3A4 können durch die Nahrung oder gleichzeitiger Einnahme weiterer Arzneimittel in Ihrer Enzymaktivität gehemmt oder gestärkt werden. In der Pharmazie spricht man auch von Enzyminhibition oder Enzyminduktion. 

Ein prominentes Beispiel ist die Einnahme von Grapefruitsaft. Die  Einnahme eines einzigen Glases (250ml)  kann eine Hemmung der im Dünndarm vorherrschenden Oxygenase CYP3A4 hervorrufen. Da es sich um eine irreversible (nicht umkehrbare) Hemmung handelt, kann die CYP3A4 Aktivität über einen Zeitraum von bis zu 48h gehemmt sein. Dies hat zur Folge, dass man erhöhte Wirkspiegel von Arzneimittel wie den Calciumkanalblocker Amlodipin hat, die als Substrat des CYP3A4 fungieren. Dementsprechend kann die blutdrucksenkende Wirkung sowie die Nebenwirkungen erhöht sein.

Umgekehrt verhält es sich bei der Einnahme von Johanniskraut, welches die Aktivität des CYP3A4 Isoenzyms induziert, also heraufreguliert. Hierdurch kann es zu einem beschleunigten Abbau mit unzureichender blutdrucksenkender Wirkung des o.g. Calciumkanalblockers Amlodipin kommen.

Wie in dem Artikel illustriert kann also die zugeführte Nahrung und auch Nahrungsergänzungsmittel einen erheblichen Einfluss auf die gleichzeitige Einnahme von Arzneimittel haben. Die Reichweite streckt sich von gar keiner Aufnahme und Wirkung des Arzneimittels bis zu unerwünscht erhöhten Wirkspiegel mit zum Teil gravierenden Nebenwirkungen. Lassen Sie sich im Zweifelsfall immer von Ihrem Arzt oder Apotheker beraten, auch wenn Sie „nur“ Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen.  

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